Corona: Unsinn

Ordnungsverfügungen der Stadt Hürth

Lesezeit: 5:24

15.03.2021

Erster Tag der Schulöffnung. Ein Schüler, der nachweislich zu diesem Zeitpunkt mit COVID-19 infiziert war, war in der Schule1.

17.03.2021 10:30

Die Schule informiert über den positiven Test eines Schülers und das alle Mitschüler nach Hause geschickt wurden. Und weiter:

Wir warten nun auf weitere Anweisungen vom Gesundheitsamt. Bis zu dieser Info bitte ich die Schülerinnen und Schüler der Gruppe zuhause zu bleiben. …

So weit, so gut.

18.03.2021 14:40

Die Schule übersendet ein Schreiben (Quarantäneanordnung) des Gesundheitsamtes des Rhein-Erft-Kreises:

… ein Schüler Ihrer Schule ist SARS-CoV-2-positiv getestet worden. Nach unseren Ermittlungen war dieser Schüler im infektiösen Zeitraum am 15.03.2021 im Unterricht und hatte dort einen ansteckungsfähigen Kontakt zu 12 SchülerInnen.
Nach dem Erlass zur Clusterquarantäne vom 18.12.2020 vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen gilt für folgende Schüler
Innen, dass diese sich bis zum Ablauf von 10 Tagen nach dem letzten Kontakt mit der positiv getesteten Person in Quarantäne begeben müssen:
Für die SchülerInnen der Klasse XX gilt eine Quarantäne bis zum 25.03.2021 mit Testmöglichkeit ab dem 20.03.2021

Die Quarantäne ist hiermit angeordnet. Sie gilt nur für die Schüler
Innen selbst; Familienangehörige (Eltern, Geschwister bzw. Partner, Kinder) dürfen sich frei bewegen.
Die Ordnungsverfügungen zur Quarantäne werden von den Kommunen des jeweiligen Wohnorts der SchülerInnen bzw. Lehrerinnen zugestellt.
Die Quarantäne endet automatisch mit Ablauf des angegebenen Tages. Die o.g. Personen sollen sich bei auftretenden Symptomen umgehend mit dem Gesundheitsamt in Verbindung setzen.

Bei auftretenden Symptomen wird eine Testung dringend empfohlen. Die Kosten trägt bei vor- liegenden Symptomen die jeweilige Krankenversicherung. Eine Verkürzung dieser Cluster-Quarantäne ist mit einem negativen Testbefund möglich. …

Schöner wäre, wenn die Schüler sofort eine Information des Gesundheitsamt erhielten. Zumindest in einer allgemeineren Form mit allen Informationen, nur noch wegen fehlender Daten (von, bis) ohne juristisch einwandfreien Quarantäneanordnung.

20.03.2021 ab 08:00

Ab dem 20.03.2021 bestand eine Testmöglichkeit mit Verkürzung der Quarantäne bei negativem Testergebnis. Diese wurde von vielen war genommen. Bis auf eine etwas unklare Zufahrtsmarkierung war alles bestens organisiert mit gut gelaunten und freundlichen Mitarbeitern. Super! Danke!

20.03.2021 23:57

SMS des Labors: CORO19: negativ.

Juhu: Endlich Fussballspielen! Zum Glück: Schule!

Ja, man glaubt es kaum. Mein Kind will in die Schule. Schade, ich hatte keinen Recorder parat.

24.03.2021 ca. 14:30

Es klingelt: Eine mir unbekannte Person hat einen Brief in der Hand. Den Brief will sie mir nicht aushändigen. Nur meinem Kind.

Nein, die Quarantäneverfügung muss ich persönlich … überreichen.

Ok, dann soll es so sein.

Tatsächlich ist die Ordnungsverfügungen mit der Androhung von Zwangsmitteln An die Erziehungsberechtigten von … gerichtet und damit falsch zugestellt.

Infektionsschutz
Kontakt mit einer an dem Corona-Virus erkrankten Person
Ordnungsverfügung mit der Androhung von Zwangsmitteln

Sehr geehrte(r) Erziehungsberechtigte(r),

die bereits mündlich erlassene Ordnungsverfügung hinsichtlich … schriftlich bestätigt.

Das stimmt nicht: Ich habe nie eine mündliche Ordnungsverfügung von der Stadt Hürth erhalten.

Als zuständige Ordnungsbehörde habe ich folgende Maßnahmen angeordnet:

1. Ihrer/m Tochter/Sohn gegenüber wird eine Absonderung gemäß … vom 17.03.2021 bis einschließlich zum 25.03.2021 in sog. häuslicher Quarantäne angeordnet.

Im genannten Zeitraum darf Ihre Wohnung von Ihrer/m Tochter/Sohn ohne ausdrückliche Genehmigung nicht verlassen werden. Ferner ist es Ihnen in dieser Zeit untersagt, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht Ihrem Haushalt angehören.
2. Für den Fall, dass Sie meiner Anordnung unter Ziffer 1 nicht, nicht vollständig oder nicht fristgerecht entsprechen sollten, behalte ich mir … Zwangsmaßnahmen … vor.

Ferner drohe ich Ihnen für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro an.

Muss man immer direkt mit Zwangsmaßnahmen und Strafen drohen?2

Sachverhalt:
Ihre Tochte/r Ihr Sohn hatte Kontakt zu einer mit COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV- 2) erkrankten Person. …

Das ist zu unbestimmt: Wenn schon nicht die Kontaktperson namentlich genannt wird, so muss mindesten Datum, Ort und Begebenheit genannt werden. Die Ordnungsverfügungen ist rechtswidrig.

Man kann nur aus dem zeitlichen Verlauf schließen, dass es sich möglicherweise um den Fall vom 15.03. handelt.


Nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) … Für sie wird grundsätzlich eine häusliche Absonderung empfohlen. Dieser fachlichen Bewertung des Infektionsrisikos schließe ich mich an.

Empfehlungen reichen keinesfalls für Grundrechtseinschränkungen. Insofern überflüssig.

Dann folgen allgemeine Hinweise und Hygieneregeln:

Minimieren Sie3 soweit wie möglich den Kontakt zu anderen Personen.
In Ihrem Haushalt sollten Sie nach Möglichkeit eine zeitliche und räumliche Trennung von anderen Haushaltsmitgliedern einhalten …

Diese Empfehlung hätte schon in das allererste Informationsschreiben gehört.

Anschließend folgt die Begründung zu Ziffer 1:

Jetzt wird es interessant:

Rechtsgrundlage … meiner Ordnungsverfügung ist § 30 … mit § 28 … Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Damit berufen sich sowohl der Rhein-Erft-Kreises in seiner Quarantäneanordnung als auch die Stadt Hürth in ihrer Ordnungsverfügung auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Kann es sein, dass zwei Behörden sachlich, instanziell und örtlich zuständig sind?

Und noch skurriler: Der Rhein-Erft-Kreises erlaubt unter Berufung auf das gleiche Gesetzt (IfSG) eine Verkürzung mit einem Test, die Stadt Hürth nicht.

Und mehr noch: Welche der Ordnungsverfügung gilt den jetzt?

Als Bürger kann man an der Politik und Verwaltung nur verzweifeln.

Den Rest der Ordnungsverfügung schenke ich mir …

… mein Kind war natürlich unglücklich und versteht die Welt nicht. Mir sind auch keine pädagogisch wertvollen Begründungen eingefallen … ;-(

24.03.2021 15:33

E-Mail der Schule:

Die Schule hat Kontakt zur Stadt aufgenommen. Die Stadt hat mitgeteilt:

Das Schreiben des Gesundheitsamtes ist gültig, d.h. sie konnten Ihre Kinder freitesten.

Jetzt bin ich mal gespannt, ob die Stadt Hürth Ihre Ordnungsverfügung offiziell zurücknimmt, oder ob die juristische Unsicherheit bei den Eltern bleibt.

Noch kann sich mein Kind nicht über die wiedergewonnene Freiheit freuen - allein mir fehlt der Glaube. Zumal am Horizont ja schon die nächsten Verbote für Hobbyfussball drohen4.


  1. Das kam nicht gerade unerwartet. Bei der Bund-Länder-Kommission am 03.03.2021 waren die steigenden Inzidenzzahlen schon sichtbar. Die Politik wollte Öffnungen um jeden Preis. Zwei Wochen Schulöffnungen bringen den Kindern nichts. Das Schuljahr ist verloren. Infiziere Kinder können Angehörige anstecken. Unter den Angehörigen befinden sich auch ältere Menschen oder Menschen mit Erkrankungen. Hier wurde fahrlässig der Tot von Kindern und Angehörigen in Kauf genommen. ↩︎

  2. Gerade da wegen Corona überall die Nerven blank liegen, wäre etwas mehr Fingerspitzengefühl der Stadt Hürth angebracht. In Kassel konnten die Corona Leugner bei der Demonstration machen was sie wollten. Der Rechtsstaat fand nicht statt. Aber hier wird direkt gedroht … ↩︎

  3. Mit Sie ist hier nicht etwa der Adressat des Schreibens (die Erziehungsberechtigten) gemeint, sondern das Kind, welches Kontakt zu einer an COVID-19 erkrankten Person hatte (Kontaktperson der Kategorie I, höheres Infektionsrisiko). Diese Ungenauigkeit (Sie, Ihnen, …) zieht sich durch die gesamte Ordnungsverfügung der Stadt Hürth. Wieso kann die Stadt Hürth nach über einem Jahr Pandemie und sicher nicht der ersten Ordnungsverfügung, keine sprachlich eindeutige und juristisch einwandfreie Verfügungen erstellen? Fehlt der Stadt Hürth die Kompetenz? ↩︎

  4. Das Verbot von Freizeitfussball im Freien ist für mich nicht nachvollziehbar und meines Erachtens ohne wissenschaftlichen Nachweiß einer höheren Gefährdung als beispielsweise im Zeitungsladen juristisch kaum haltbar. Die Pandemie dauert nun schon über ein Jahr. Die Politik hatte genügend Zeit, die Risiken von zum Beispiel Freizeitsport im Freien untersuchen zu lassen. Ich kenne niemanden, der versteht, dass Profifussball erlaubt ist, Freizeitsport im Freien aber nicht. Gleiches Recht für alle gilt nur noch auf dem Papier. Ich würde meine Familie und mich auch jede Woche testen lassen, wenn es nur die versprochenen Tests auch gäbe … ↩︎